«So schaue darauf, dass das Licht, das in dir ist, sich nicht verdüstert! 36Wenn dein ganzer Leib hell leuchtet, hat er nicht Teil am Düsteren.
Die ganze Erscheinung wird leuchten, wie wenn ein Licht dich anstrahlen würde.« Lukas 11,35
Wer bist du?
Es war in einer Ausstellung in einem Museum in Paris. In einem Raum war eine Sonderausstellung zu sehen. Es waren Schwarzweissfotografien von Menschen mit einer Behinderung. Der Mann sei Autist, steh auf dem Täfelchen. Er ist ganz in sich gekehrt und seien Umwelt erreicht sein Inneres nur schwerlich. Ich und Du stehen in seinem Leben in einem besonderen Verhältnis. Sprache und Gesten, uns vertraute Wege einander vom Leben zu erzählen, versagen. Es ist alles rätselhaft verschlüsselt, zwischen Innen und Aussen.
Wer bist du?
Der Mann hält eine leuchtende Kugel auf seinem Schoss. Die Knie berühren sich ganz ohne Kraft, wie die Daumen der Mönche in der Meditation des Herzensgebets. Licht ist leicht. Die Oberschenkel steigen von den Hüften hin zu den Knien, damit die Kugel ruhig im Schoss liegen bleibt. Mit der rechten Hand drückt der Mann die leuchtende Kugel sanft an seinen Bauch. Der linke Arm hängt entspannt an den schmalen hängenden Schultern. Der Kopf geht etwas schräg nach unten. Die Augen sind geschlossen. Sein lockiger Haarkranz spiegelt das Licht auf seinem Gesicht.
Wer bist du?
Er ruht, er schläft nicht. Er sitzt im Dunkeln. Alles Licht kommt aus dem Innern, welches sichtbar wird. Er ist nicht da, aber sein Licht ist da. Sein Leib ist Licht geworden. Sein Leib leuchtet hell. Er zeigt sich auf eine ganz andere Weise, als wir das gewohnt sind. Alles äussere verdunkelt sich so weit, dass das Licht seiner Seele seinen Körper erleuchtet. «Wenn dein ganzer Leib hell leuchtet, hat er nicht Teil am Düsteren. Die ganze Erscheinung wird leuchten, wie wenn ein Licht dich anstrahlen würde.»
Wer bist du?
Wenn alles Äussere entfällt, wird das Innere sichtbar. Menschen haben Rollen, Gesichter, helle oder dunkle Haut, sind gross oder klein, humorvoll oder ernst, mutig öder ängstlich, sind reich oder arm, gut oder schlecht gekleidet, alt oder jung, haben blaue oder braune Augen. All das ist Schein, Licht, welches auf einen Menschen fällt und ihn sichtbar macht in dieser Welt. Niemals aber wird so sichtbar, wer diese oder diese wirklich ist, wenn nicht sein Licht auch selber leuchtet.
Wer bist du?
«Ihr seid das Licht der Welt.» an jenem Nachmittag in Paris im musée de l’homme durfte ich durch die Arbeit einer Fotografin schauen, wie durch diesen Autisten Licht in die Welt kommt. Es kommt durch jeden Menschen.
Wer bist du? Er ist sein Licht in der Welt.